AHOI!
Hier oben sehen Sie1 die Anthologie Ost*West*Frau* – soeben bei der Frankfurter Verlagsanstalt erschienen – herausgegeben von den Schriftstellerinnen Franziska Hauser („Ost“) und Maren Wurster („West“).
Rund zwei Dutzend Beiträge von Frauen (und zwei Männern) aus Ost und West gehen darin der Frage nach: „Wie wir wurden, was wir sind“ – wie also das Heranwachsen in der DDR bzw der alten BRD die, nun ja, Geschlechtlichkeit geprägt hat (oder auch nicht).
Stell dich nicht so an! heißt der Text, den ich dazu beigesteuert habe. Geschrieben haben auch Charlotte Gneuß, Sabine Rennefanz, Julia Wolf, Asal Dardan, Ruth Herzberg – und eben viele andere!
Zum Buch fiel mir nun gerade dieses Foto-Duo ein:

Die Aufnahmen stammen aus der Serie Misswahl im Hotel Merkur, Leipzig, Februar 1990, des Fotografen Andreas Rost. Ich habe sie neulich in der Ausstellung An den Rändern taumelt das Glück – die späte DDR in der Fotografie von der Wand abgeknipst. (Hier ein paar mehr Sätze zu jener Fotoschau.)
„Misswahl“ jedenfalls – sozusagen typisch, nicht wahr? Kaum zieht der Kapitalismus ein, bewerten Männer das Aussehen von Frauen mit Punktekarten.
Wobei es aber wohl keineswegs so ist, dass es im realexistierenden Sozialismus keinen Sexismus, keine Ungleichbehandlung gab – wovon die Texte in der Anthologie Ost*West*Frau auch erzählen. Was ich in der Recherche zu meinem Beitrag, bevor ich meinen Text schrieb, erst festellte (und was mich krass überrascht hat, weil es ja oft heißt, die DDR sei ein Gleichheitsparadies gewesen):
a) Vergewaltigungen gab es in der DDR offiziell nicht, also: Es wurden keine polizeilichen Statistiken darüber geführt.
Sowie:
b) Simone de Beauvoirs feministischer Meilenstein Das andere Geschlecht, im Original 1949 veröffentlicht, war in der DDR verboten. Erst kurz vor knapp, 1987/88, durfte es dort erscheinen – obwohl Beauvoir gerade „die bürgerliche Ehe“ doch so scharf angriff. Ich hatte immer angenommen, die Ost-Schwestern könnten de Beauvoir auswendig aufsagen – ha! Wie gut manche sozialistische Imagekampagne also auch bis in den Westen hineingewirkt hat, muss man angesichts dieses meine Irrtums ja fast sagen. Oder so formuliert: Ein übler „Herrenstaat“ war letztlich eben auch die DDR, in der Frauen neben ihrer Erwerbstätigkeit ebenfalls, wie im Westen, den Großteil der Hausarbeit erledigten (von der „zweiten Schicht“ war im DDR-Alltagsjargon die Rede), und in der es bis 1989 ingesamt weniger Ministerinnen gab als in der BRD.
Das rosarote Buch ist jedenfalls ziemlich fein geworden, das wollte ich eigentlich nur sagen. Immer die Ihre: KK
- Im Hintergrund ein britischer Frauenmund, ein Poster mit einem Motiv des Fotografen Martin Parr ↩︎