AHOI
und: hui! Der Widerstand gegen META und vergleichbare Apparate scheint an Fahrt zu gewinnen – zumindest erst mal theoretisch (von massenhaften Abwanderungen ist mir noch nichts bekannt).
Ein paar aktuelle weiterführende Links zum Thema will ich hier nun noch flugs nachreichen (nachdem ich vor ein paar Tagen länglich erklärt habe, warum ich mich peu à peu aus den META-Apparaten rausziehe1).
Inspiriert zu diesem P.S hat mich vorhin eine Tech-Journalistin, deren Namen ich leider überhört habe, und die heute Nachmittag bei CNN sagte (frei von mir übersetzt):
X ist keine Social-Media-Plattform mehr – es ist jetzt ein Regierungs-Kanal.
Die Journalistin sprach u.a. darüber, wie Tausende Beschäftigte gerade in Windeseile aus dem öffentlichen Dienst der USA gefeuert werden und durch (Trump-)linientreue Beschäftigte ersetzt werden – sie berichtete also von der politischen Säuberung, die dort nun vor sich geht, während Trump selbst die Welt mit außenpolitischen Extrem-Stunts beschäftigt und damit auch ablenkt von dem hektischen Demokratieabbau, den sein keineswegs gewählter, mitnichten demokratisch legitimierter Chef-Ausputzer Elon Musk mit der von Musk selbst konzipierten „Regierungs-Agentur“ DOGE durchzieht.
Manche nun geschasste öffentliche Bedienstete schlössen sich mit zuvor gefeuerten Twitter-Beschäftigten zusammen, berichtete die Journalistin:

Einschub – vier ergänzende bzw. aktualisierende Absätze drei Tage später (8.2.):
Von einem umfassenden administrativen Putsch ist inzwischen nicht nur in führenden US-, sondern auch in hiesigen Medien die Rede. Ich verfolge das Geschehen gebannt auf CNN und Fox (immer noch interessant: diese beiden völlig unterschiedlichen Perspektiven auf das Geschehen, wie darüber berichtet wird, usw.), und das ganze Ausmaß dieser nun überhaupt gar nicht mehr zu missverstehenden Sabotage des demokratischen Staatswesens schockt auch mich wirklich gewaltig. Nein: So hätte auch ich das nicht für möglich gehalten.
Die Frage ist bzw. war ja in den vergangenen Jahren schon: Wie könnte so ein autoritärer „Putsch“, ein „Staatstreich“ im 21. Jahrhundert denn aussehen? In Gestapo-Mänteln und Braunhemden aus dem Kostümfundus werden die Putschisten wohl eher nicht auflaufen …. – war bzw ist anzunehmen. Hierzulande haben sich nicht nur sogenannte Reichsbürger ja schon einiges ausgemalt dazu (die „Tag X“-Fantasien in jenem, nun ja, Milieu, und wer dann alles „vor Gericht“ oder „an den Galgen“ käme usw., entsprechende Transparente bei einschlägigen Demos etc.).
Und wie der US-Historiker Timothy Snyder gerade eben sagte und in seinem Newsletter schrieb: Nein, ein solcher Staatsstreich gegen die Demokratie muss (heute) längst nicht (mehr) blutig verlaufen, das geht, u.a. dank Technik, auch ganz clean – wie sich nun zeigt. Ich muss mich immer noch daran gewöhnen, dass es jetzt nicht mehr nur ein „wie als ob“ ist, was da passiert – nein, die Welt, wir alle, können gerade live und in Farbe zuschauen, wie so etwas tatsächlich geschieht. Es ist kein „Gedankenspiel“ mehr – es hat jetzt wirklich angefangen.
Mark Zuckerberg hatte derweil gestern/vorgestern erneut eine Audienz im Weißen Haus, wie im US-TV zu sehen war, um diesen Deal mit dem Trump-Regime zu finalisieren.
ENDE DES EINSCHUBS
Unterdessen stoße ich an immer mehr Orten im Netz auf Überlegungen, Erfahrungsberichte oder Apelle zum PULLING THE PLUG – dem „Steckerziehen“ – dem Boykott der Drecksmaschinen X und META.
Good Night, Tech-Right: Pull the Plug on AI Fascism lautet etwa der Titel eines Texts über Trumps mächtige „Tech Brüder“, Elon Musk, Peter Thiel, Mark Zuckerberg et al., veröffentlicht vom Kollektiv It’s Going Down. (Kein unkritisch zu betrachtendes Kollektiv allerdings – siehe dazu Fußnote2.)
Über den weltweit spürbar erstarkenden „Tech-Faschismus“ ist auch bei Non / Mille Plateaux nachgedacht worden. Unter der Überschrift On Techfascism ist dort u.a. zu lesen:
Life outside techfascism can be experienced – if at all – below or beyond its transactional platforms and media networks.
Von einer eher unpolitischen, vielmehr (sozial-)psychologischen „Ernüchterung gegenüber allgegenwärtigen digitalen Seinsformen“ spricht ohnehin schon länger das Wirtschaftswissenschaftsduo Mariam Humayun und Russell Belk. Die Kanadierin und der Amerikaner sammeln schon seit 2020 Anzeichen für einen „subtilen Widerstand gegen die ständige Beschleunigung des Lebens“.
Diese These unterstützt jetzt ganz aktuell – und vielleicht eher zufällig als beabsichtigt – Adi Andrei, Mitgründer der K.I.-Firma Technosophics, im Gespräch mit dem US-Wirtschaftsmagazin Forbes:
There is a rising movement of ordinary people from diverse professions, such as writers, artists, computer scientists, engineers, and philosophers, who found common ground against the gen AI paradigm. This has raised awareness within the general population of the irreconcilable issues posed by technology and the fact that it is being forced onto people by billionaires and their organizations.
Fest steht: Es ist und bleibt heikel, sich von X und META zu verabschieden – für manche kann das regelrecht existenzbedrohend sein. Ganze Erwerbsmodelle beruhen mittlerweile auf jener quasi-monopolistischen Infrastruktur – nicht nur das Berufsbild Influencer. Auch wer sich in der sagenumwobenen Kreativwirtschaft als Freiberuflerin bzw. Soloselbsttändiger durchzuschlagen versucht, als Musikerin oder bildender Künstler, erst recht als Publizistin, Journalist oder Autorin, braucht die ekligen Maschinen, um auf die eigene Arbeit aufmerksam zu machen – um überhaupt wahrgenommen zu werden.3
Aufmerksamkeitsökonomie nennt sich das. Erfunden und geprägt hat diesen Begriff der Urbanismus-Forscher Georg Franck, und zwar schon 1998, in seinem Buch ÖKONOMIE DER AUFMERKSAMKEIT. 2011 habe ich mich auf meine Art damit auseinandergesetzt, im Buch ECHTLEBEN (das noch immer aktell und beim Suhrkamp Verlag erhältlich ist).
Ja – anstrengend ist das alles gerade. Jedenfalls für mich, die alles andere als eine Tech-Nerdin ist. Hilfe! Am liebsten hätte ich mit dem ganzen Krempel gar nichts zu tun! Allein die (gesellschafts-)politischen Implikationen interessieren mich daran. Als Gegenwartsmensch, als eine Person, die halbwegs checken will, was um sie herum geschieht, muss ich mich jetzt damit beschäftigen – muss mich zumindest selbst wieder einmal befragen: WAS MACHE ICH DA EIGENTLICH, wenn ich irgendetwas „poste“? Wo und wie und mit wem?
Ich glaube, ich merke jetzt erst, wie viel meine digitale Existenz mir doch bedeutet, all die Jahre schon. Es geht da jetzt gerade um ein paar harte Grundsatzfragen – um the forces of digital culture’s authoritarianism (Zitat von hier) – um Macht und Ohnmacht und ähnlich unangenehme Dinge.
Und auch deshalb, wahrscheinlich, erzähle ich hier über meine digitalen Katergefühle und mache mein digitales Unbehaustseins-Gefrickel öffentlich. Ich denke wirklich, dass viele sich gerade unfreiwillig, gezwungenermaßen mit dem gleichen Mist beschäftigen – die einen intensiver, die anderen etwas (schein)gelassener. (Und manchen, vermutlich den meisten, ist das alles auch einfach piepegal. Das muss ja auch gesagt und beachtet werden, das ist ja auch Teil der Realität.)
Die Bildschirme sollte ich jetzt dringend erst mal wieder Bildschirme sein lassen und besser sehenden Auges durch die echte Welt spazieren – rät mir mein lieber, treuer Selbsterhaltungstrieb.
Wenn ich vom Spazieren zurück bin, melde ich mich wieder.
Immer die Ihre: KK
- Mein 16 Jahre lang gepflegtes Facebook-Profil habe ich gestern Abend gesprengt – nicht, ohne in den letzten Stunden noch einen kleinen Abschiedsbrief an die 4.978 Menschen zu hinterlassen, mit denen ich dort zuletzt verbunden war – einen Abschiedsbrief, der nun allerdings verschwunden ist, wie eben mein gesamtes dortiges „Profil“. Tja. ↩︎
- Wichtige Anmerkung: Die Leute von It’s going down bezeichnen sich selbst als (tech)-„anarchistisch“. Das meiste von dem, was sie in dem oben genannten Text zusammengetragen haben, taugt mir. Absolut überflüssig, hanebüchen, brutalst falsch finde ich jedoch die eine Zeile, in der sie auf die BDS-Bewegung verweisen. DAS ist und bleibt leider bis auf Weiteres das große Problem, das ich mit vielen sogenannten (selbsternannten) Linken habe: der mal verschwommener, mal expliziter formulierte Antisemitismus. Ohne mich! ↩︎
- Da auch ich als Schreibende in besagte Aufmerksamkeitsökonomie komplett verwickelt bin und keinen, nun ja, „professionellen Selbstmord“ begehen will, habe auch ich meine Bande zu META (noch) nicht ganz gekappt, sondern habe mich mühsam dazu überredet, dort jetzt für eine unbestimmte Übergangszeit eine rein werbliche „Autorinnenseite“ hinzupflanzen, auf der ich voll aufmerksamkeitskapitalistisch für meine Bücher, Lesungen usw trommeln werde. Für eine Weile werde ich das META-Monopol nun also sozusagen zurückausnutzen, so gut ich kann. So biege ich mir diesen, äh, „Kompromiss“ jedenfalls zurecht. Sauber fühlt sich das nicht gerade an. Die eigene Abhängigkeit von einer ätzenden Monopolstruktur so deutlich vor Augen geführt zu bekommen, ist durchaus schmerzhaft. Ich hatte angenommen, dass ich es insgesamt doch ein bisschen cooler nehmen würde. //// Nachtrag vom 17.02.2025: Habe nun auch die blöde „Autorinnenseite“ bei Facebook gelöscht, bin da jetzt also GANZ WEG, yeah! ↩︎